Glencoe Marathon zum Zweiten (30.09.2018)

So ganz reibungslos klappte es auch dieses Jahr nicht. Vor zwei Jahren waren Lisa und Ruedi schon einmal angemeldet zum Marathon in den Highlands von Schottland. Dann, nur einen Monat davor, beendete eine Meniskusoperation die Vorbereitung auf den Jahreshöhepunkt.

In diesem Jahr fiel der «Reiseleiter Peter» wegen Arthrose aus. Und Ruedi holte sich noch eine Entzündung am Ansatz des tensor fasciae latae (so zumindest die Selbstdiagnose nach Dr. Internet, Tinu kann übersetzen😊)

Nach der Landung in Edinburgh folgte eine fast 3-stündige Autofahrt (links!!) durch einsame, wunderschöne Landschaften nordwärts, nach Fort William, dem Ziel des Glencoe Marathons. Das Wetter: regnerisch, windig, aber recht warm mit 14 Grad. Es bleibt noch Zeit für eine kleine Jogging-Besichtigung des Dorfes am Loch Eil. 20 Minuten müssen reichen, die Hüfte soll ja geschont werden. Zum Abendessen treffen dann auch die Laufkollegen ein, die aber auf den Halbmarathon gemeldet sind. Noch können wir mutig das lokale Essen (Haggis!) testen, für morgen ist nur Check-in und einkaufen geplant.

Der Samstag beginnt sehr trüb und sehr nass. Der Regen kommt mit dem starken Wind fast horizontal….Tolle Aussichten für einen Bergmarathon! Die letzte Infomail warnt denn auch noch vor Schauern, Hagel und Schnee auf dem Berg – obwohl der nur auf knapp 600 m liegt! Die Lauf-Vorfreude ist sehr begrenzt…

Am Sonntagmorgen geht es zuerst zum Ziel und von dort mit dem Bus an den Start in Glencoe. Unsere Mitstreiter sind entweder extrem abgehärtet oder sie haben die Mail nicht gelesen: kurze Hosen und ärmellose T-Shirts stehen da neben dicken warmen Regenjacken und Plastiküberwürfen. Die Temperatur um 7 Grad, Regen und Wind. In der Startgruppe ist man gleich ein bisschen geborgener. Der Speaker gibt noch Anweisungen, jedoch in einer Sprache, die Englisch nur entfernt ähnelt. Die Teilnehmerzahl ist überschaubar, gegen 400 werden schliesslich auf der Rangliste stehen.

Unter Dudelsackklängen erfolgt der Start in drei Wellen. Zunächst geht es ein langes Tal sanft aufwärts. Bald schon hört der Regen auf und der Rückenwind ist willkommen. Dafür geht es durch eine Moorgegend, viele Bächlein und Morast bilden den «Weg», die ersten 5 km versuchen wir, die Füsse einigermassen trocken zu halten und auszuweichen, aber bald stellt sich das als mission impossible heraus. Und sieh da: sind die Schuhe einmal im Morast versunken und die Füsse nass, läuft es sich wieder ganz angenehm. (Lisa läuft vor allem im Morast auf dem Vorfuss aus die Angst, einen Schuh im Morast zu verlieren😉.)

Nach rund 8 km kommt dann das erste Highlight: die «Devil‘s staircase», eine furchterregende Steigung von rund 300 Höhenmetern. So steht es zumindest in der Beschreibung. Als Ostschweizer Hügelläufer finden wir den Anstieg ganz angenehm, sogar einen erkennbaren Weg gibt es da ab und zu. Allerdings nimmt der Wind stark zu und es regnet wieder. Also Windstopper anziehen und weiter. Viel zu schnell kommen wir oben an, bevor es wieder ziemlich steil nach unten geht. Auf halber Distanz sind wir wieder auf Meereshöhe in Kinlochleven, danach geht es gleich wieder hinauf. Es folgt eine lange Strecke in einem Tal, das nur von Schafen bewohnt scheint. Die Hügel ringsum sind ausserordentlich grün, weit und einsam. Traumhaft! Zwischendurch werden die Sonnenstrahlen zahlreicher, auch blauen Flecken am Himmel immer grösser. Wenn die Hüfte nicht wäre, ein wahrer Laufgenuss. Leider hat sich der Muskel nach einem Ausweichmanöver schmerzhaft gemeldet, auch das Herunterlaufen war keine Erholung. Und da wäre gleich noch ein Bus, der zurück nach Fort William fahren würde…

Aber so rasch gibt ein Marathoni nicht auf, notfalls geht er halt!

Die zweite Streckenhälfte ist technisch recht anspruchsvoll, zwar nicht von der Topografie her, aber wegen der Unterlage: grosse, klobige Steine, die zwar einen Weg bilden, aber keine Fläche. Dauernd springt man und versucht auszuweichen, alle 100 Meter kommt wieder ein Bach quer über den Weg. Die Bäche werden breiter und tiefer, springen geht nicht, also Augen zu und durch, als ob da nichts wäre. Trocken wird man sowieso nicht mehr. Nach 32 km folgt nochmals ein kurzer steiler Anstieg, bevor es dann ebenso ziemlich steil über eine Waldstrasse zum Ziel hinuntergeht. Ruedis Hüfte erlaubt aber kein Laufen lassen, sondern im Gegenteil, abbremsen, spazieren, sich überholen lassen. Immerhin, auf diese Weise bekommt man viele bemitleidende und aufmunternde Zurufe!

Lisa ist bereits im Ziel, rennt aber zurück, sucht Ruedi und geht ihm besorgt entgegen. Nach gut 15 Minuten kommt er ihr entgegen und sie kann ihm dem Weg motivierend erklären und ihn schliesslich glücklich ins Ziel einlaufen sehen.

Im Zelt gibt es gratis heissen Tee und überall stolze und zufriedene Gesichter. Wir verlassen aber die familiäre Stimmung schnell und laufen zum Auto. Die grosse, warme Badewanne und nochmals einen heissen Tee im Hotel sind doch ein guter Grund, wieder ins cosy Hotel zurück zu fahren.

Die Resultate (obwohl etwas nebensächlich):

Ruedi erläuft sich mit 5:32 h bei den M60 den 7. Rang!

Lisa erreicht mit 5:11 h in der AK W50 den ersten Rang, Freude herrscht.

Die anschliessenden Tage nutzten wir noch für eine kleine Reise nach zum Loch Ness, Inverness, Dundee und Edinburgh. Wir waren nicht das letzte Mal in Schottland!

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